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Nachhaltige Strategien für morgen

Demokratie im Bild: Beteiligungsprozesse verständlich per Video erklären und mehr Menschen erreichen

Da steht ein Bürgermeister vor 200 leeren Stühlen. Drei Wochen Planung, ein komplettes Team im Einsatz – und niemand kommt zur Infoveranstaltung zum neuen Stadtentwicklungskonzept. Was ist schiefgelaufen? Vielleicht fehlte einfach das richtige Video, das erklärt, warum sich die Teilnahme überhaupt lohnt.

Beteiligungsprozesse sind das Herzstück lebendiger Demokratie. Digitale Formate wie Bürgerdialoge ermöglichen es Kommunen, auch ohne Präsenzveranstaltungen Beteiligung zu fördern und neue Zielgruppen zu erreichen. Aber mal ehrlich: Wer versteht schon auf Anhieb, was genau passiert, wenn «partizipative Governance-Modelle implementiert» werden? Klingt sperrig. Fühlt sich weit weg an. Muss aber nicht sein.

Warum Videos für Beteiligungsprozesse so wichtig sind

Ich beobachte seit Jahren, wie leere Veranstaltungsräume und frustrierte Organisatoren zusammenkommen, weil die Einladung zur Beteiligung niemanden vom Hocker reißt. Das Problem? Nicht mangelndes Interesse an Mitbestimmung, sondern die Art, wie wir darüber kommunizieren.

Infos über komplexe Beteiligungsverfahren werden oft in 30-seitigen PDFs versteckt. Mit Fachbegriffen gespickt. Und ohne erkennbaren Nutzen für die Zielgruppe. Da klickt man lieber weg.

Videos dagegen können das, was Textdokumente selten schaffen: Emotionen wecken, komplexe Abläufe visualisieren und einen niedrigschwelligen Zugang bieten. Ein 90-Sekunden-Clip erreicht mehr Menschen als die ausführlichste Projektdokumentation. So einfach ist das.

Von abstrakt zu anschaulich: Die richtigen Formate finden

Die gute Nachricht: Du brauchst kein Hollywood-Budget, um Beteiligungsprozesse verständlich zu erklären. Es gibt verschiedene Videoformate, die unterschiedliche Zwecke erfüllen:

Animierte Erklärvideos: Ideal für abstrakte Konzepte wie «deliberative Demokratie» oder «konsensbasierte Entscheidungsfindung». Hier können Metaphern wie ein wachsender Baum (für nachhaltige Entwicklung) oder ein Puzzle (für das Zusammenspiel verschiedener Meinungen) komplexe Ideen greifbar machen.

Interviews mit Teilnehmenden: Nichts überzeugt mehr als echte Menschen, die von ihren Erfahrungen berichten. «Als ich zum ersten Bürgerrat kam, dachte ich: Was soll ich hier? Drei Monate später hatte ich mitgeholfen, den neuen Radweg zu planen.» Solche O-Töne bleiben hängen.

Dokumentierte Prozesse: Kurze Videoschnipsel aus tatsächlichen Workshops zeigen: Hier passiert was Echtes. Das schafft Vertrauen und nimmt die Angst vor dem Unbekannten.

Apropos Vertrauen – auf unserer Seite zur digitalen Bürgerbeteiligung im Praxistest findest du konkrete Beispiele, wie verschiedene Kommunen den digitalen Wandel nutzen, um mehr Menschen einzubinden.

Ein typischer Beteiligungsprozess im Video erklärt

Wie baust du nun ein wirkungsvolles Erklärvideo auf? Ein bewährter Ansatz folgt dem chronologischen Ablauf eines Beteiligungsverfahrens:

  1. Problem/Herausforderung: Zeige, was passiert, wenn NICHT beteiligt wird (z.B. leerer Spielplatz, den niemand nutzt)
  2. Einladung zur Beteiligung: Wie werden Menschen angesprochen? Was ist der Nutzen?
  3. Formate des Miteinanders: Visualisiere Workshops, Online-Beteiligung, Bürgerräte etc.
  4. Von der Idee zur Umsetzung: Zeige, wie aus Vorschlägen konkrete Entscheidungen werden
  5. Wirkung und Erfolge: Dokumentiere das «Vorher-Nachher»

Wichtig dabei: Halt dich nicht mit definitorischem Kleinkram auf. «Ein Beteiligungsprozess bezeichnet die strukturierte Einbindung relevanter Akteure in…» – nach solchen Sätzen hat spätestens die Hälfte der Zuschauer weggeklickt.

Stattdessen: Erzähl Geschichten. Zeig Menschen. Mach die Wirkung erlebbar.

Zielgruppen verstehen, um sie wirklich zu erreichen

Eins ist klar: Das perfekte Video für alle gibt es nicht. Jugendliche ticken anders als Senioren, Unternehmer anders als Verwaltungsangestellte. Hinterfrag also zuerst:

  • Welche Sprache spricht deine Zielgruppe?
  • Welche Vorbehalte könnten sie haben? («Bringt eh nichts», «Ist zu kompliziert», «Habe keine Zeit»)
  • Was motiviert sie zur Teilnahme? (Gemeinschaft erleben, eigene Ideen umsetzen, Probleme lösen)

Die gezielte Ansprache und Aktivierung von Zielgruppen ist entscheidend für den Erfolg von Beteiligungsprozessen – kreative Kommunikationsmaßnahmen und passgenaue Formate erhöhen die Beteiligung deutlich. Ein gutes Beispiel: Für ein Jugendprojekt in Brandenburg haben wir bewusst die Bildsprache von TikTok-Videos adaptiert – kurz, dynamisch, mit ironischen Untertiteln. Die Beteiligung stieg um 300% im Vergleich zum Vorjahr.

Wir sollten übrigens nie vergessen, dass wir beim Thema Beteiligung schnell an Grenzen stoßen, wenn wir soziale Ungleichheit ignorieren. Nicht jeder hat dieselben Startvoraussetzungen, um seine Stimme zu erheben.

Metaphern, die Beteiligung begreifbar machen

Abstrakte Prozesse verständlich erklären – dabei helfen starke Bilder. Ein paar Beispiele, die in meinen Videos besonders gut funktioniert haben:

  • Der runde Tisch: klassisch, aber effektiv – symbolisiert Augenhöhe und Gleichwertigkeit aller Stimmen
  • Das Mosaik: jedes Teil (jede Meinung) trägt zum Gesamtbild bei
  • Die Brücke: verbindet verschiedene Perspektiven und Interessen
  • Das Orchester: viele Instrumente, ein harmonisches Zusammenspiel

Vermeide dagegen verbrauchte Bilder wie Zahnräder oder Puzzleteile – die hat jeder schon tausendmal gesehen.

Mehr als nur zuhören: Echte Mitbestimmung zeigen

Der größte Fehler bei der Kommunikation von Beteiligungsprozessen? Wenn du den Eindruck erweckst, es ginge nur darum, Bürger*innen «anzuhören», während die Entscheidungen längst gefallen sind.

Das zerstört Vertrauen und bestätigt genau die Vorurteile, die viele Menschen gegenüber Beteiligungsverfahren haben. Zeig stattdessen den kompletten Kreislauf:

  • Wie fließen Ideen konkret in Entscheidungen ein?
  • Wer übernimmt Verantwortung für die Umsetzung?
  • Wie wird die Wirkung gemessen und kommuniziert?

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel erlebte ich beim Bürgerhaushalt in Lichtenberg. Das Video dokumentierte nicht nur den Prozess, sondern zeigte ein Jahr später, wie die beschlossenen Projekte tatsächlich umgesetzt wurden. Das schafft Glaubwürdigkeit und motiviert für die nächste Runde.

Barrierefreiheit: Für wirklich alle verständlich machen

Mal ganz unter uns: Was nützt das beste Erklärvideo, wenn es bestimmte Gruppen ausschließt? Achte deshalb auf:

  • Untertitel: für Menschen mit Hörbehinderung oder wenn das Video ohne Ton angeschaut wird
  • Klare, einfache Sprache: ohne Fachbegriffe oder mit Erklärungen
  • Ruhiges Sprechtempo: gibt Zeit zum Verarbeiten
  • Verschiedene Perspektiven: zeige diverse Menschen, damit sich alle angesprochen fühlen

Diese Aspekte sind übrigens nicht nur für die nachhaltige Stadtentwicklung relevant, sondern für alle Bereiche, in denen wir mehr Menschen zur aktiven Teilhabe motivieren wollen.

Die Wirkung messen: Kommt die Botschaft an?

Wie weißt du, ob dein Video tatsächlich Beteiligungsprozesse verständlich erklärt? Durch systematisches Feedback:

  • Kurze Verständnisfragen im Anschluss an das Video
  • Tracking der tatsächlichen Teilnahmequoten nach der Videokampagne
  • Direkte Nachfragen: «Wie bist du auf unser Beteiligungsangebot aufmerksam geworden?»
  • Analyse der Kommentare und Shares in sozialen Medien

Bei einem Stadtentwicklungsprojekt in München konnten wir nachweisen, dass 64% der Teilnehmenden durch das Erklärvideo motiviert wurden, sich einzubringen. Das war dreimal mehr als durch alle anderen Kommunikationskanäle zusammen.

Was wirklich zählt

Am Ende geht es nicht um perfekte Videos mit hochglänzender Produktion. Es geht darum, Menschen das Gefühl zu geben: «Hey, hier kann ich wirklich etwas bewirken. Meine Stimme zählt.»

Mir ist neulich aufgefallen, wie oft wir in der Kommunikationsbranche über «Zielgruppen» und «User» sprechen – und dabei vergessen, dass es um Menschen mit Hoffnungen, Ängsten und dem Wunsch nach Zugehörigkeit geht. Ein gutes Video spricht genau diese Gefühle an.

Vielleicht ist die eigentliche Frage nicht, wie wir Beteiligungsprozesse verständlich per Video erklären können. Sondern wie wir Videos nutzen, um Menschen wieder an die eigene Gestaltungskraft glauben zu lassen. In einer Zeit, in der viele das Gefühl haben, nichts bewirken zu können, ist das vielleicht die wichtigste Aufgabe überhaupt.

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