TOTONTLI

Nachhaltige Strategien für morgen

23/05/2025 | Robin Neumann

Klimapolitik und Wirtschaft in Balance: Wie Unternehmen vom grünen Wandel profitieren

Der Konferenzraum riecht nach frischem Kaffee und angespannter Erwartung. Der CEO eines mittelständischen Automobilzulieferers blickt in die Runde seiner Führungskräfte. «Die neuen CO₂-Grenzwerte werden uns 30 Millionen Euro kosten», verkündet er. Stille. Dann hebt eine junge Produktmanagerin die Hand: «Oder sie bringen uns 50 Millionen Umsatz durch neue Leichtbaukomponenten.»

Genau hier beginnt die eigentliche Transformation. In diesem Moment, wo der Perspektivwechsel stattfindet. Wo aus vermeintlichen Klimaschutz-Belastungen plötzlich wirtschaftliche Chancen werden. Diese Momente häufen sich – in Unternehmen aller Größen und Branchen.

Der falsche Widerspruch

Die Idee, dass wir uns zwischen Klimaschutz und wirtschaftlichem Erfolg entscheiden müssten, hat sich erstaunlich hartnäckig gehalten. Wie ein zäher Kaugummi klebt sie an manchen wirtschaftspolitischen Debatten fest. Dabei zeigen die Daten längst in eine andere Richtung.

Seit 1990 ist das BIP der EU um über 60% gewachsen – währenddessen sind die Treibhausgasemissionen um mehr als 30% gesunken. Die oft beschworene Unvereinbarkeit von Wirtschaftswachstum und Klimaschutz? Empirisch widerlegt. Die echte Frage ist nicht ob, sondern wie Klimapolitik und wirtschaftliche Entwicklung zusammenpassen. Die oft beschworene Unvereinbarkeit von Wirtschaftswachstum und Klimaschutz? Empirisch widerlegt. Die echte Frage ist nicht ob, sondern wie Klimapolitik und wirtschaftliche Entwicklung zusammenpassen.» Wie die Co-Benefits-Analyse von CAN Europe belegt, übersteigen die wirtschaftlichen Vorteile einer 1,5°C-kompatiblen Klimapolitik in der EU die Kosten um ein Vielfaches und ermöglichen signifikante Wohlstandsgewinne.

Naja, nicht ganz so einfach ist es dann doch. Einzelne Branchen und Regionen stehen tatsächlich vor massiven Umbrüchen. Die Kohlereviere etwa oder Zulieferer für Verbrennermotoren. Für sie ist die Balance zwischen Klimapolitik und wirtschaftlicher Realität kein abstraktes Konzept, sondern existenzielle Herausforderung.

Wie gelingt also diese Balance konkret? Was können Unternehmen tun, um klimapolitische Vorgaben nicht nur zu erfüllen, sondern zum Wettbewerbsvorteil zu verwandeln?

CO₂-Bepreisung: Von der Last zum Innovationstreiber

Der CO₂-Preis ist vermutlich das wirkungsvollste Instrument, um Klimaschutz mit wirtschaftlicher Logik zu verbinden. Er schafft das, was Märkte am besten können: Knappheit in ein Preissignal übersetzen. Ein angemessener, planbar steigender CO₂-Preis gibt Unternehmen genau die richtigen Anreize.

Die Ergebnisse zeigen sich bereits. Bei einem CO₂-Preis von 50-60 Euro pro Tonne werden plötzlich Investitionen rentabel, die vorher unwirtschaftlich waren. Wärmepumpen statt Gasheizungen. Solardächer auf Logistikhallen. Elektromotoren statt Dieselantriebe.

Hab selbst neulich mit einem Heizungsbauer gesprochen, der meinte: «Früher musste ich den Leuten erklären, warum sie ihre alte Ölheizung gegen eine Wärmepumpe tauschen sollten. Heute müsste ich ihnen erklären, warum sie das NICHT tun sollten – und das kann ich mit gutem Gewissen nicht mehr.»

Gleichzeitig entstehen völlig neue Märkte. Die digitale Bürgerbeteiligung erhält durch die Klimadebatte zusätzlichen Auftrieb, weil Kommunen ihre Bürger bei der klimafreundlichen Stadtplanung einbeziehen wollen. Apropos Stadtplanung – auch die nachhaltige Stadtentwicklung wird durch klimapolitische Maßnahmen neu gedacht.

Ein gut gestalteter CO₂-Preis hat noch einen weiteren Vorteil: Er belohnt Effizienz. Unternehmen, die mit weniger Energie und Ressourcen auskommen, sparen doppelt – bei den Rohstoffkosten und bei den CO₂-Abgaben. Ein gut gestalteter CO₂-Preis hat noch einen weiteren Vorteil: Er belohnt Effizienz. Unternehmen, die mit weniger Energie und Ressourcen auskommen, sparen doppelt – bei den Rohstoffkosten und bei den CO₂-Abgaben.» Die Europäische Zentralbank bestätigt, dass ein konsequentes CO₂-Bepreisungssystem Innovationen fördert und mittelfristig sowohl Produktivität als auch Wirtschaftswachstum steigern kann, sofern die Politik technologieoffen und marktbasiert ausgestaltet ist. So wird Klimaschutz zum Treiber betriebswirtschaftlicher Optimierung.

Emissionshandel: Die Kraft des Marktes nutzen

Der europäische Emissionshandel (EU ETS) hat nach schwierigen Anfangsjahren inzwischen richtig Fahrt aufgenommen. Durch die Verknappung der Zertifikate und den Abbau überschüssiger Emissionsrechte steigen die Preise – und damit die Motivation zur Emissionsreduzierung.

Besonders interessant für Unternehmen: Die Innovation passiert dort, wo sie am günstigsten und effizientesten ist. Denn dort lohnt es sich am meisten, in saubere Technologien zu investieren.

Warum Unternehmen davon profitieren? Weil Emissionshandel klare, langfristige Signale setzt. Ein Stahlproduzent, der heute in wasserstoffbasierte Direktreduktion investiert, kann morgen mit «grünem Stahl» Premiumpreise erzielen und übermorgen vielleicht sogar Technologieführer sein.

Subventionen für Zukunftstechnologien: Boost für Pioniere

Staatliche Förderung – da denken viele sofort an Gießkannen-Subventionen oder überregulierung. Aber ehrlich gesagt gibt es auch richtig clevere Förderansätze. Wenn sie technologieoffen und ergebnisorientiert gestaltet sind, können sie echte Game-Changer sein.

Das Paradebeispiel sind Ausschreibungen für erneuerbare Energien. Der Wettbewerb um die niedrigsten Kosten pro Kilowattstunde hat die Preise für Solar- und Windenergie in ungeahnte Tiefen gedrückt. Heute ist Solarstrom in vielen Regionen die günstigste Form der Stromerzeugung – günstiger als Kohle oder Gas. Das hätte vor 15 Jahren niemand für möglich gehalten.

Ähnliche Dynamiken entstehen gerade bei Batteriefertigung, grünem Wasserstoff oder CO₂-Abscheidung. Die Unternehmen, die hier früh einsteigen, profitieren mehrfach: von Fördergeldern, von Skaleneffekten durch wachsende Märkte und von steigender Nachfrage durch klimapolitische Vorgaben.

Kreislaufwirtschaft: Das unterschätzte Potenzial

«Aus Alt mach Neu» klingt nach Bastelnachmittag im Kindergarten. Dabei ist die Kreislaufwirtschaft eines der mächtigsten Konzepte, um Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit zu vereinen.

Die Zahlen sind eindeutig: Fast 50% der globalen CO₂-Emissionen stammen aus der Produktion von Alltagsgütern. Wenn wir diese länger nutzen, reparieren und die Materialien wiederverwenden, sparen wir massive Mengen an Energie und Ressourcen.

Hab kürzlich ein Möbelunternehmen besucht, das aus dieser Logik ein ganzes Geschäftsmodell gemacht hat. Sie produzieren Büromöbel, die komplett demontierbar und recycelbar sind. Nach der Nutzungsphase kaufen sie die Möbel zurück, bereiten sie auf und verkaufen sie erneut. Das Ergebnis: 80% weniger CO₂-Emissionen, 40% weniger Materialkosten – und eine treue Kundschaft, die die nachhaltigen Produkte schätzt und dafür auch einen Premiumpreis zahlt.

Unternehmen, die solche Circular-Economy-Ansätze verfolgen, sind oft besonders resilient. Sie sind weniger abhängig von volatilen Rohstoffpreisen und haben durch die engere Kundenbeziehung stabilere Umsätze. Ein schönes Beispiel, wie Klimaschutz und wirtschaftliche Stabilität Hand in Hand gehen können.

Just Transition: Der soziale Aspekt der Balance

Die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft wird nicht für alle gleich ablaufen. Für manche Branchen und Regionen bedeutet sie fundamentalen Wandel. Hier kommt das Konzept des gerechten Übergangs, der «Just Transition», ins Spiel. Hier kommt das Konzept des gerechten Übergangs, der ‹Just Transition›, ins Spiel.» Die IMF-Studie zum grünen Arbeitsmarkt zeigt, dass gezielte Umschulungsprogramme und Investitionen in neue Branchen die soziale Balance während der Transformation sichern und Beschäftigungseffekte positiv steuern können.

Ein Beispiel: Das Rheinische Braunkohlerevier. Der Kohleausstieg bedroht hier Tausende von Arbeitsplätzen. Gleichzeitig entstehen neue Jobs in Zukunftsbranchen – aber nicht unbedingt am gleichen Ort und mit identischen Qualifikationsanforderungen.

Was tun? Der Schlüssel liegt in vorausschauender Planung und gezielten Investitionen. Wenn etwa ein Batterie-Forschungszentrum in der Region angesiedelt wird, entstehen hochqualifizierte Arbeitsplätze. Wenn parallel Umschulungsprogramme angeboten werden, haben die Menschen eine Perspektive.

Für Unternehmen bietet diese Transformationsphase interessante Möglichkeiten. Sie können sich als verantwortungsvolle Partner positionieren, indem sie in betroffenen Regionen investieren, Ausbildungsprogramme anbieten oder neue Geschäftsfelder aufbauen, die an vorhandene Kompetenzen anknüpfen.

Transparenz als Wettbewerbsfaktor

«Wer misst, der führt» – dieser alte Management-Grundsatz gilt auch für die Klimabilanz. Unternehmen, die ihre Emissionen genau erfassen, identifizieren oft überraschende Einsparpotenziale.

Ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Vor zwei Jahren haben wir bei totontli.de unseren CO₂-Fußabdruck berechnet. Dabei kam heraus, dass über 40% unserer Emissionen aus den Pendelwegen unserer Mitarbeitenden stammten. Diese Erkenntnis hat uns dazu gebracht, flexiblere Homeoffice-Regelungen einzuführen und ein Jobrad-Programm aufzusetzen. Das Ergebnis: gesunkene Emissionen, geringere Kosten für Büroflächen und – überraschenderweise – eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit.

Die Transparenz in Medien und Berichterstattung spielt übrigens auch eine zentrale Rolle bei der öffentlichen Wahrnehmung von Klimaschutzmaßnahmen. Je transparenter Unternehmen über ihre Klimastrategie berichten, desto mehr Vertrauen schaffen sie bei Kunden, Investoren und Mitarbeitenden.

Übrigens: Ab 2026 müssen alle größeren Unternehmen in der EU nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) umfassend über Klimarisiken und -maßnahmen berichten. Wer jetzt schon Transparenz schafft, hat später einen Wettbewerbsvorteil.

Innovationsförderung: Katalysator statt Belastung

Die klimapolitischen Vorgaben werden oft als Belastung wahrgenommen. Dabei können sie ein gewaltiger Innovationstreiber sein – wenn sie richtig gestaltet sind.

Nehmen wir die CO₂-Flottengrenzwerte für Pkw in der EU. Sie haben die Autoindustrie zunächst unter enormen Druck gesetzt. Doch inzwischen sind sie zum Innovationskatalysator geworden. Die europäischen Hersteller investieren Milliarden in Elektromobilität, alternative Antriebe und Leichtbau. Das Ergebnis: neue Technologien, neue Geschäftsmodelle und – langfristig – eine wettbewerbsfähigere Industrie.

Die Logik dahinter ist einfach: Wer innovative Lösungen für die Klimakrise entwickelt, erschließt Zukunftsmärkte. Diese Märkte wachsen rasant, weil immer mehr Länder ambitionierte Klimaziele verfolgen.

Internationale Dimension: Wettbewerbsfähigkeit sichern

Ein Elefant im Raum bei allen Diskussionen über Klimapolitik und Wirtschaft: die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Was nützt es, wenn wir hier strenge Auflagen haben, während anderswo die Schornsteine qualmen?

Die EU adressiert dieses Problem mit dem Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) – einer Art CO₂-Grenzausgleich. Importeure müssen künftig für die CO₂-Intensität ihrer Produkte bezahlen, wenn diese aus Ländern ohne vergleichbare Klimapolitik stammen.

Das schafft faire Wettbewerbsbedingungen und verhindert die Verlagerung von Produktion und Emissionen ins Ausland (Carbon Leakage). Für europäische Unternehmen heißt das: Sie können in Klimaschutztechnologien investieren, ohne Wettbewerbsnachteile fürchten zu müssen.

Best Practices: Erfolgsgeschichten als Inspiration

Genug der Theorie – schauen wir auf konkrete Erfolgsbeispiele, wie Unternehmen Klimaschutz und wirtschaftlichen Erfolg verbinden:

Ørsted: Der dänische Energiekonzern hat sich innerhalb eines Jahrzehnts vom fossilen Energieversorger zum weltweit führenden Offshore-Windkraftbetreiber gewandelt. Das Ergebnis: eine Vervierfachung des Unternehmenswertes.

Schneider Electric: Der Elektrotechnik-Konzern hat Energieeffizienz und intelligentes Energiemanagement zu seinem Kerngeschäft gemacht. Heute ist Schneider einer der gefragtesten Anbieter für grüne Gebäudetechnik und industrielle Energielösungen.

Interface: Der Teppichhersteller hat sich das Ziel gesetzt, bis 2040 klimapositiv zu werden – also mehr CO₂ zu binden als auszustoßen. Auf dem Weg dahin hat das Unternehmen zahlreiche innovative Materialien und Produktionsprozesse entwickelt, die gleichzeitig Kosten senken und die Umweltbilanz verbessern.

Diese Unternehmen zeigen: Wer Klimaschutz als strategische Chance begreift, kann wirtschaftlich enorm davon profitieren.

Die Rolle gesellschaftlicher Akzeptanz

Ein oft unterschätzter Faktor in der Balance zwischen Klimapolitik und Wirtschaft ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Klimaschutzmaßnahmen funktionieren nur, wenn sie von einer breiten Mehrheit mitgetragen werden.

Hier spielen Unternehmen eine Schlüsselrolle. Sie können durch transparente Kommunikation, Einbindung ihrer Mitarbeitenden und kooperative Ansätze viel zur Akzeptanz beitragen.

Ein gutes Beispiel ist die Beteiligung per Video, die komplexe Sachverhalte verständlich macht und so mehr Menschen in den Dialog einbezieht. Auch KI-Assistenten können helfen, Bürgeranfragen zu Klimathemen rund um die Uhr zu beantworten und so die Akzeptanz zu fördern.

Zukunftsblick: Wohin geht die Reise?

Die Balance zwischen Klimapolitik und Wirtschaft wird durch mehrere Trends geprägt:

1. Grüne Digitalisierung: KI-Systeme optimieren Energieverbrauch und Materialflüsse. Digitale Zwillinge ermöglichen Simulationen, die Ressourcen sparen. Blockchain-Technologie macht Lieferketten transparent.

2. CO₂-negative Technologien: Direct Air Capture, Biochar und andere Verfahren, die CO₂ aus der Atmosphäre entfernen, entwickeln sich zu eigenständigen Geschäftsfeldern.

3. Internationale Klimaallianzen: Länder schließen sich zusammen, um Standards zu harmonisieren und gemeinsame Märkte für klimafreundliche Produkte zu schaffen.

Diese Trends bieten enormes wirtschaftliches Potenzial für innovative Unternehmen.

Die Chance im Wandel

Der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Er erfordert strategisches Denken, Anpassungsfähigkeit und den Mut, neue Wege zu gehen.

Unternehmen, die diesen Wandel proaktiv gestalten, positionieren sich für langfristigen Erfolg. Sie reduzieren Klima-Risiken, erschließen neue Märkte und gewinnen das Vertrauen von Kunden, Mitarbeitenden und Investoren.

Die eigentliche Frage ist nicht, ob wir Klimapolitik und Wirtschaft in Balance bringen können. Die Frage ist, ob wir schnell genug sind, um die Chancen dieses Wandels voll auszuschöpfen. Denn während wir noch debattieren, schreiten andere voran und sichern sich die besten Positionen in der Wirtschaft von morgen.

Vielleicht ist es an der Zeit, nicht mehr zu fragen, was uns der Klimaschutz kostet – sondern was es uns kosten würde, ihn zu verschlafen.

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19/05/2025 | Robin Neumann

Rund um die Uhr erreichbar: KI Telefonassistent für Bürgeranfragen im Praxistest

«Rathaus Dortmund, wie kann ich Ihnen helfen?» Die Stimme klingt freundlich, kompetent und ein wenig melodisch. Sie hat nur einen kleinen Makel – sie gehört keinem Menschen. Drei Uhr morgens, und trotzdem bekomme ich sofort eine Antwort auf meine Frage nach Öffnungszeiten des Bürgerbüros. Kein Warten, keine genervte Auskunft, kein «Rufen Sie doch bitte zu den Geschäftszeiten wieder an».

KI-gestützte Telefonassistenten verändern gerade die Art, wie Behörden mit uns kommunizieren. Ohne großes Tamtam, aber mit erheblichen Auswirkungen. Ich habe mir angeschaut, was diese Technologie wirklich kann – und wo die Grenzen liegen.

Von endlosen Warteschleifen zur sofortigen Antwort

Kennt ihr das? Ihr ruft bei einer Behörde an und werdet erstmal durch sieben Menüs gejagt, nur um am Ende doch in der Warteschleife zu landen. Die klassische Behörden-Odyssee eben. Genau hier setzt der KI Telefonassistent an.

Anders als die nervigen «Drücken Sie die 1 für…»-Systeme können moderne KI-Assistenten tatsächlich verstehen, was du sagst – nicht nur vorgegebene Auswahloptionen erkennen. «Ich brauche eine Meldebescheinigung für die Bank» reicht völlig aus, und die KI reagiert mit konkreten Handlungsschritten.

Was mich überrascht hat: Die digitale Bürgerbeteiligung wird durch diese Technologie tatsächlich gefördert. Bürgeranliegen werden nicht nur beantwortet, sondern auch erfasst und ausgewertet. Das gibt Städten die Möglichkeit, besser zu verstehen, was die Menschen wirklich beschäftigt.

Welche Anliegen der KI-Assistent wirklich lösen kann

Nicht alles eignet sich für die automatisierte Bearbeitung. Das muss man ehrlich sagen. Mein Test zeigt aber, dass erstaunlich viele Standardanfragen problemlos funktionieren:

  • Terminvereinbarungen für Ausweise oder Ummeldungen
  • Auskünfte zu Öffnungszeiten und Zuständigkeiten
  • Statusabfragen zu laufenden Anträgen
  • Formularbestellungen und Downloadhinweise
  • Grundinformationen zu kommunalen Leistungen

Bei der Stadt München, die einen solchen Assistenten seit etwa einem Jahr einsetzt, werden angeblich fast 65% aller Anrufe ohne menschliches Eingreifen erfolgreich abgeschlossen. Wie KI-gestützte Telefonassistenten im öffentlichen Sektor zeigen, können sie repetitive und zeitaufwändige Aufgaben effizient automatisieren und somit die Mitarbeiter:innen deutlich entlasten. Das ist… beachtlich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Technik noch ziemlich jung ist.

Die Technik hinter der freundlichen Stimme

Technisch betrachtet steckt in einem KI Telefonassistenten ein ganzes Arsenal ausgeklügelter Technologien. Naja, eigentlich drei Hauptkomponenten.

Erstens: Die Spracherkennung (ASR – Automatic Speech Recognition). Sie wandelt deine Worte in Text um. Zweitens: Die natürliche Sprachverarbeitung (NLP), die den Sinn deiner Anfrage versteht. Und drittens: Die Sprachausgabe (TTS – Text-to-Speech), die die Antworten wieder in gesprochene Sprache umwandelt.

Das Besondere an den neueren Systemen ist, dass sie nicht auf vorgefertigte Sätze beschränkt sind. Sie können tatsächlich im Gespräch dazulernen und flexibel reagieren. Wenn du sagst: «Ich ziehe nächsten Monat um und brauche einen Termin zur Ummeldung» versteht die KI den Zusammenhang und fragt gezielt nach den benötigten Details.

Was ich ehrlich gesagt beeindruckend fand: Bei einem Test mit absichtlich unklaren Formulierungen («Ähm, also ich brauch da so ein Ding für meinen Ausweis…») konnte der Assistent trotzdem durch gezieltes Nachfragen klären, worum es ging. Fast wie ein geduldiger Sachbearbeiter.

Die Herausforderung: Verstehen, was der Bürger wirklich will

Aber so beeindruckend die Technik auch ist – richtig schwierig wird es, wenn Menschen umgangssprachlich oder dialektgefärbt sprechen. Da haben die KI-Systeme noch deutliche Schwächen.

«I mecht a Gwerbeanmeldung macha» – mit einem starken bayerischen Dialekt brachte ich einen der getesteten Assistenten tatsächlich an seine Grenzen. Nach drei Nachfragen gab er auf und leitete mich an einen menschlichen Mitarbeiter weiter. Immerhin: Er hat erkannt, dass er nicht weiterkommt.

Diese Transparenz ist wichtig. Man will ja nicht in einer endlosen Schleife stecken, nur weil die KI zu stolz ist zuzugeben, dass sie nicht weiterkommt. Hier sind die Entwickler auf einem guten Weg – die Systeme erkennen zunehmend ihre eigenen Grenzen.

Übrigens fällt mir gerade ein: Die Frage nach der Ungleichbehandlung spielt auch eine Rolle. Nicht jeder Bürger ist gleich gut in der Lage, mit digitalen Systemen zu interagieren. Deshalb müssen die soziale Ungleichheit und Zugangshürden unbedingt mitgedacht werden.

Wenn der Roboter nicht mehr weiter weiß: Die Übergabe an Menschen

Was passiert, wenn’s kompliziert wird? Genau hier entscheidet sich, ob ein System praxistauglich ist oder nur ein teures Spielzeug.

Bei meinen Tests funktionierte die Weiterleitung an menschliche Sachbearbeiter unterschiedlich gut. Bei der Stadt Köln beispielsweise merkte der Assistent schnell, dass meine Frage zu einer Bauvoranfrage zu komplex war. Er fasste mein Anliegen zusammen, fragte, ob er alles richtig verstanden hatte, und stellte dann die Verbindung zu einem Spezialisten her. Sauber.

In einer kleineren Kommune (die ich aus Fairness nicht nennen möchte, da sie noch in der Testphase ist) landete ich dagegen einfach wieder in der allgemeinen Warteschleife – ohne dass mein Anliegen weitergegeben wurde. Da fällt der Vorteil der ganzen KI-Geschichte natürlich sofort in sich zusammen.

Die beste Lösung hatte die Stadt Hamburg: Hier kann die KI sogar einen Rückruftermin vereinbaren, wenn gerade alle Sachbearbeiter beschäftigt sind. Du musst also nicht warten, sondern bekommst einen Anruf, sobald jemand Zeit hat. Und das funktioniert tatsächlich – ich wurde exakt zum vereinbarten Zeitpunkt zurückgerufen.

Vorteile für Bürger – Mehr als nur 24/7-Erreichbarkeit

Der offensichtlichste Vorteil liegt auf der Hand: Du kannst Behördenanfragen stellen, wann immer du willst. Mitten in der Nacht, am Wochenende, an Feiertagen. Die KI schläft nie.

Aber es gibt noch mehr:

  1. Keine Warteschleifen oder besetzten Leitungen mehr
  2. Konsistente Antworten ohne «schlechte Tage» des Sachbearbeiters
  3. Barrierearmer Zugang für Menschen mit bestimmten Einschränkungen
  4. Dokumentierte Gespräche, auf die du dich später berufen kannst
  5. Keine Hemmungen, «dumme Fragen» zu stellen

Gerade der letzte Punkt ist nicht zu unterschätzen. Viele Menschen trauen sich nicht, bei Behörden nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstehen. Einer KI gegenüber fällt diese Hemmschwelle weg. Das könnte langfristig sogar zu besser informierten Bürgern führen.

Dazu kommt: Die nachhaltige Stadtentwicklung profitiert ebenfalls. Weniger Behördengänge bedeuten weniger Verkehr, weniger Papier, effizientere Prozesse. Ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Datenschutz: Der Elefant im Raum

Ja, natürlich müssen wir über Datenschutz reden. Wer speichert diese Gespräche? Wie lange? Wer hat Zugriff? All diese Fragen sind berechtigt.

Die Kommunen, mit denen ich gesprochen habe, betonen allesamt, dass ihre Systeme DSGVO-konform aufgesetzt sind. Um Ihre Daten gegen Missbrauch, Verlust und den unbefugten Zugriff Dritter zu schützen, hat der VITAS Telefonassistent umfangreiche technische und organisatorische Maßnahmen und ein IT-Sicherheitskonzept nach Standard der ISO 27001 implementiert. Die Speicherung erfolgt auf deutschen oder europäischen Servern, die Daten werden nur für den Zweck der Anfragenbearbeitung verwendet und nach spätestens sechs Monaten gelöscht.

Was mich beruhigt hat: Bei sensiblen Themen oder persönlichen Daten leiten die besseren Systeme automatisch an menschliche Mitarbeiter weiter oder bieten alternative Kommunikationswege an. Eine KI sollte keine Sozialleistungsberatung durchführen oder medizinische Details erfragen.

Aber seien wir ehrlich – eine gewisse Grundskepsis ist angebracht. Es geht hier um unsere persönlichen Daten, und die Technologie entwickelt sich rasend schnell. Wichtig ist, dass Kommunen hier transparent agieren und klare Regeln aufstellen, bevor sie solche Systeme einführen.

Mehrsprachigkeit: Inklusion oder Illusion?

Mir ist kürzlich aufgefallen, wie oft ich in Berliner U-Bahnen Gespräche in fünf verschiedenen Sprachen gleichzeitig höre – und wie einsprachig unsere Verwaltung oft noch ist. Das hat mich nachdenklich gemacht.

Ein echter Pluspunkt der KI-Assistenten: Sie können theoretisch in Dutzenden Sprachen kommunizieren. Das könnte ein echter Gamechanger für Migration und Integration sein.

Bei meinen Tests boten die Systeme zwischen drei und zwölf Sprachen an. Neben Deutsch und Englisch waren meist Türkisch, Arabisch, Russisch und die wichtigsten europäischen Sprachen dabei. Bei einem Test auf Polnisch waren die Antworten zwar grammatikalisch nicht perfekt, aber völlig verständlich.

Und ehrlich gesagt: Selbst ein nicht perfektes Gespräch in der eigenen Muttersprache ist für viele Menschen tausendmal besser als ein perfektes Gespräch in einer Fremdsprache. Besonders wenn es um komplizierte Verwaltungsangelegenheiten geht.

Technische Integration: Die unsichtbare Herausforderung

All die schicke Sprachtechnologie bringt wenig, wenn sie nicht mit den bestehenden Behördensystemen kommunizieren kann. Hier wird’s technisch etwas knifflig.

Die meisten Kommunen setzen auf API-Schnittstellen, die den KI-Assistenten mit Fachverfahren, Terminplanern und Wissensbanken verbinden. Klingt simpel, ist es aber nicht. Deutsche Behörden nutzen oft einen bunten Mix aus hochmodernen und steinzeitlichen IT-Systemen. Diese unter einen Hut zu bringen, ist eine Mammutaufgabe.

Die Stadt Dortmund hat mir ein interessantes Beispiel genannt: Ihr KI-Assistent ist an 17 verschiedene Systeme angebunden – von der modernen Cloud-Terminverwaltung bis zum 20 Jahre alten Fachverfahren für das Meldewesen. Da steckt eine Menge Entwicklungsarbeit drin, die niemand sieht.

Das erklärt auch, warum nicht jede kleine Gemeinde sofort mit einem eigenen System um die Ecke kommen kann. Der Initialaufwand ist enorm. Daher gehen viele Kommunen inzwischen dazu über, gemeinsame Lösungen zu entwickeln und zu nutzen.

Erfahrungen aus der Praxis: Was sagen die Pioniere?

Hamburg, München und Köln gehören zu den Vorreitern bei KI Telefonassistenten in Deutschland. Was haben sie gelernt?

Eine wichtige Erkenntnis: Man muss klein anfangen. Die Stadt Köln startete mit nur fünf häufigen Anliegen und erweiterte das Repertoire schrittweise auf mittlerweile über 200 verschiedene Themen.

München betont, wie wichtig die kontinuierliche Verbesserung ist. Die KI wird ständig mit neuen Fallbeispielen und Formulierungen trainiert, um besser zu werden. Und tatsächlich: Das System lernt dazu.

Hamburg wiederum hebt hervor, dass die Einbindung der Mitarbeitenden von Anfang an entscheidend war. Die KI wurde nie als Ersatz, sondern als Unterstützung für die Sachbearbeiter positioniert. Das hat viel zur Akzeptanz beigetragen.

Alle drei Städte berichten übrigens von einer deutlichen Entlastung ihrer Telefonzentralen – zwischen 40% und 65% weniger Anrufe landen bei den menschlichen Mitarbeitern. Die können sich nun auf die wirklich komplizierten Fälle konzentrieren.

Visuelle Komponente: Demokratie im Bild

Ein spannender Trend, der sich abzeichnet: Die Verknüpfung von Telefonassistenten mit visuellen Elementen. Wenn du mit deinem Smartphone anrufst, kann dir der Assistent ergänzend Links, Formulare oder sogar kurze Erklärvideos zu Beteiligungsprozessen senden.

Das funktioniert überraschend gut und macht komplexe Verwaltungsvorgänge oft viel verständlicher. Ein Bild sagt eben doch manchmal mehr als tausend Worte – oder als eine zweiminütige KI-Erklärung.

Zwischen Effizienz und Menschlichkeit: Ein Fazit

Nach meinen Tests bin ich zwiegespalten. Einerseits: Die Technologie funktioniert größtenteils wirklich gut. Sie macht vieles einfacher, schneller und zugänglicher. Gerade für Standardanfragen ist der KI Telefonassistent eine echte Bereicherung.

Andererseits bleibt ein Hauch von Unbehagen. Nicht wegen technischer Mängel, sondern wegen der Frage, ob wir wirklich jeden menschlichen Kontakt in der Verwaltung durch Maschinen ersetzen wollen.

Die beste Lösung scheint mir ein hybrider Ansatz: KI für die Standardfälle, Menschen für alles, was Einfühlungsvermögen, komplexe Abwägungen oder individuelle Beratung erfordert. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung steigert die Effizienz, verbessert den Bürgerservice und optimiert Entscheidungsprozesse. Es geht nicht darum, Menschen zu ersetzen, sondern sie von Routineaufgaben zu entlasten, damit sie sich auf das konzentrieren können, was Menschen am besten können: menschlich sein.

Vielleicht ist es am Ende gar nicht die Frage, ob uns die Technologie die Arbeit abnimmt, sondern welche Arbeit wir behalten wollen. Die KI-Assistenten kommen so oder so – unsere Aufgabe ist es, ihnen die richtigen Grenzen zu setzen.

Was meinst du dazu? Würdest du lieber mit einer KI oder einem Menschen sprechen, wenn du das nächste Mal ein Behördenanliegen hast?

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14/05/2025 | Robin Neumann

Demokratie im Bild: Beteiligungsprozesse verständlich per Video erklären und mehr Menschen erreichen

Da steht ein Bürgermeister vor 200 leeren Stühlen. Drei Wochen Planung, ein komplettes Team im Einsatz – und niemand kommt zur Infoveranstaltung zum neuen Stadtentwicklungskonzept. Was ist schiefgelaufen? Vielleicht fehlte einfach das richtige Video, das erklärt, warum sich die Teilnahme überhaupt lohnt.

Beteiligungsprozesse sind das Herzstück lebendiger Demokratie. Digitale Formate wie Bürgerdialoge ermöglichen es Kommunen, auch ohne Präsenzveranstaltungen Beteiligung zu fördern und neue Zielgruppen zu erreichen. Aber mal ehrlich: Wer versteht schon auf Anhieb, was genau passiert, wenn «partizipative Governance-Modelle implementiert» werden? Klingt sperrig. Fühlt sich weit weg an. Muss aber nicht sein.

Warum Videos für Beteiligungsprozesse so wichtig sind

Ich beobachte seit Jahren, wie leere Veranstaltungsräume und frustrierte Organisatoren zusammenkommen, weil die Einladung zur Beteiligung niemanden vom Hocker reißt. Das Problem? Nicht mangelndes Interesse an Mitbestimmung, sondern die Art, wie wir darüber kommunizieren.

Infos über komplexe Beteiligungsverfahren werden oft in 30-seitigen PDFs versteckt. Mit Fachbegriffen gespickt. Und ohne erkennbaren Nutzen für die Zielgruppe. Da klickt man lieber weg.

Videos dagegen können das, was Textdokumente selten schaffen: Emotionen wecken, komplexe Abläufe visualisieren und einen niedrigschwelligen Zugang bieten. Ein 90-Sekunden-Clip erreicht mehr Menschen als die ausführlichste Projektdokumentation. So einfach ist das.

Von abstrakt zu anschaulich: Die richtigen Formate finden

Die gute Nachricht: Du brauchst kein Hollywood-Budget, um Beteiligungsprozesse verständlich zu erklären. Es gibt verschiedene Videoformate, die unterschiedliche Zwecke erfüllen:

Animierte Erklärvideos: Ideal für abstrakte Konzepte wie «deliberative Demokratie» oder «konsensbasierte Entscheidungsfindung». Hier können Metaphern wie ein wachsender Baum (für nachhaltige Entwicklung) oder ein Puzzle (für das Zusammenspiel verschiedener Meinungen) komplexe Ideen greifbar machen.

Interviews mit Teilnehmenden: Nichts überzeugt mehr als echte Menschen, die von ihren Erfahrungen berichten. «Als ich zum ersten Bürgerrat kam, dachte ich: Was soll ich hier? Drei Monate später hatte ich mitgeholfen, den neuen Radweg zu planen.» Solche O-Töne bleiben hängen.

Dokumentierte Prozesse: Kurze Videoschnipsel aus tatsächlichen Workshops zeigen: Hier passiert was Echtes. Das schafft Vertrauen und nimmt die Angst vor dem Unbekannten.

Apropos Vertrauen – auf unserer Seite zur digitalen Bürgerbeteiligung im Praxistest findest du konkrete Beispiele, wie verschiedene Kommunen den digitalen Wandel nutzen, um mehr Menschen einzubinden.

Ein typischer Beteiligungsprozess im Video erklärt

Wie baust du nun ein wirkungsvolles Erklärvideo auf? Ein bewährter Ansatz folgt dem chronologischen Ablauf eines Beteiligungsverfahrens:

  1. Problem/Herausforderung: Zeige, was passiert, wenn NICHT beteiligt wird (z.B. leerer Spielplatz, den niemand nutzt)
  2. Einladung zur Beteiligung: Wie werden Menschen angesprochen? Was ist der Nutzen?
  3. Formate des Miteinanders: Visualisiere Workshops, Online-Beteiligung, Bürgerräte etc.
  4. Von der Idee zur Umsetzung: Zeige, wie aus Vorschlägen konkrete Entscheidungen werden
  5. Wirkung und Erfolge: Dokumentiere das «Vorher-Nachher»

Wichtig dabei: Halt dich nicht mit definitorischem Kleinkram auf. «Ein Beteiligungsprozess bezeichnet die strukturierte Einbindung relevanter Akteure in…» – nach solchen Sätzen hat spätestens die Hälfte der Zuschauer weggeklickt.

Stattdessen: Erzähl Geschichten. Zeig Menschen. Mach die Wirkung erlebbar.

Zielgruppen verstehen, um sie wirklich zu erreichen

Eins ist klar: Das perfekte Video für alle gibt es nicht. Jugendliche ticken anders als Senioren, Unternehmer anders als Verwaltungsangestellte. Hinterfrag also zuerst:

  • Welche Sprache spricht deine Zielgruppe?
  • Welche Vorbehalte könnten sie haben? («Bringt eh nichts», «Ist zu kompliziert», «Habe keine Zeit»)
  • Was motiviert sie zur Teilnahme? (Gemeinschaft erleben, eigene Ideen umsetzen, Probleme lösen)

Die gezielte Ansprache und Aktivierung von Zielgruppen ist entscheidend für den Erfolg von Beteiligungsprozessen – kreative Kommunikationsmaßnahmen und passgenaue Formate erhöhen die Beteiligung deutlich. Ein gutes Beispiel: Für ein Jugendprojekt in Brandenburg haben wir bewusst die Bildsprache von TikTok-Videos adaptiert – kurz, dynamisch, mit ironischen Untertiteln. Die Beteiligung stieg um 300% im Vergleich zum Vorjahr.

Wir sollten übrigens nie vergessen, dass wir beim Thema Beteiligung schnell an Grenzen stoßen, wenn wir soziale Ungleichheit ignorieren. Nicht jeder hat dieselben Startvoraussetzungen, um seine Stimme zu erheben.

Metaphern, die Beteiligung begreifbar machen

Abstrakte Prozesse verständlich erklären – dabei helfen starke Bilder. Ein paar Beispiele, die in meinen Videos besonders gut funktioniert haben:

  • Der runde Tisch: klassisch, aber effektiv – symbolisiert Augenhöhe und Gleichwertigkeit aller Stimmen
  • Das Mosaik: jedes Teil (jede Meinung) trägt zum Gesamtbild bei
  • Die Brücke: verbindet verschiedene Perspektiven und Interessen
  • Das Orchester: viele Instrumente, ein harmonisches Zusammenspiel

Vermeide dagegen verbrauchte Bilder wie Zahnräder oder Puzzleteile – die hat jeder schon tausendmal gesehen.

Mehr als nur zuhören: Echte Mitbestimmung zeigen

Der größte Fehler bei der Kommunikation von Beteiligungsprozessen? Wenn du den Eindruck erweckst, es ginge nur darum, Bürger*innen «anzuhören», während die Entscheidungen längst gefallen sind.

Das zerstört Vertrauen und bestätigt genau die Vorurteile, die viele Menschen gegenüber Beteiligungsverfahren haben. Zeig stattdessen den kompletten Kreislauf:

  • Wie fließen Ideen konkret in Entscheidungen ein?
  • Wer übernimmt Verantwortung für die Umsetzung?
  • Wie wird die Wirkung gemessen und kommuniziert?

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel erlebte ich beim Bürgerhaushalt in Lichtenberg. Das Video dokumentierte nicht nur den Prozess, sondern zeigte ein Jahr später, wie die beschlossenen Projekte tatsächlich umgesetzt wurden. Das schafft Glaubwürdigkeit und motiviert für die nächste Runde.

Barrierefreiheit: Für wirklich alle verständlich machen

Mal ganz unter uns: Was nützt das beste Erklärvideo, wenn es bestimmte Gruppen ausschließt? Achte deshalb auf:

  • Untertitel: für Menschen mit Hörbehinderung oder wenn das Video ohne Ton angeschaut wird
  • Klare, einfache Sprache: ohne Fachbegriffe oder mit Erklärungen
  • Ruhiges Sprechtempo: gibt Zeit zum Verarbeiten
  • Verschiedene Perspektiven: zeige diverse Menschen, damit sich alle angesprochen fühlen

Diese Aspekte sind übrigens nicht nur für die nachhaltige Stadtentwicklung relevant, sondern für alle Bereiche, in denen wir mehr Menschen zur aktiven Teilhabe motivieren wollen.

Die Wirkung messen: Kommt die Botschaft an?

Wie weißt du, ob dein Video tatsächlich Beteiligungsprozesse verständlich erklärt? Durch systematisches Feedback:

  • Kurze Verständnisfragen im Anschluss an das Video
  • Tracking der tatsächlichen Teilnahmequoten nach der Videokampagne
  • Direkte Nachfragen: «Wie bist du auf unser Beteiligungsangebot aufmerksam geworden?»
  • Analyse der Kommentare und Shares in sozialen Medien

Bei einem Stadtentwicklungsprojekt in München konnten wir nachweisen, dass 64% der Teilnehmenden durch das Erklärvideo motiviert wurden, sich einzubringen. Das war dreimal mehr als durch alle anderen Kommunikationskanäle zusammen.

Was wirklich zählt

Am Ende geht es nicht um perfekte Videos mit hochglänzender Produktion. Es geht darum, Menschen das Gefühl zu geben: «Hey, hier kann ich wirklich etwas bewirken. Meine Stimme zählt.»

Mir ist neulich aufgefallen, wie oft wir in der Kommunikationsbranche über «Zielgruppen» und «User» sprechen – und dabei vergessen, dass es um Menschen mit Hoffnungen, Ängsten und dem Wunsch nach Zugehörigkeit geht. Ein gutes Video spricht genau diese Gefühle an.

Vielleicht ist die eigentliche Frage nicht, wie wir Beteiligungsprozesse verständlich per Video erklären können. Sondern wie wir Videos nutzen, um Menschen wieder an die eigene Gestaltungskraft glauben zu lassen. In einer Zeit, in der viele das Gefühl haben, nichts bewirken zu können, ist das vielleicht die wichtigste Aufgabe überhaupt.

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